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Wie entsteht inneres Gleichgewicht im Körper durch Yoga?

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Inneres Gleichgewicht und innere Ruhe sind Voraussetzung für das Ziel des Yoga der
Selbstverwirklichung (vgl. Kapitel 3.1). Die Sutras 1-16 in Patanjalis Yogasutra handeln
zunächst davon, was Yoga ist (1-4). In den Sutras 5-11 beschäftigt er sich mit den mentalen Mustern, (vrittis) und in den Sutras 12-16 mit der Praxis des Loslassens. Er beschreibt darin ebenfalls die, für den Yogaweg notwendige und zu lernende innere Ruhe des Bewusstseins (chitta) sowie den Weg, um diese erreichen zu können (vgl. Skuban 2011, S. 19 ff.). Direkt das zweite Sutra beschreibt das Ziel und den Weg des Yoga zugleich mit: „yogash chitta-vritti-nirodhah“ (Skuban 2011, S. 304), was übersetzt bedeutet: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der dauernd sich verändernden mentalen Muster“ (Skuban 2011, S. 19). Wenn der Seher (die Person), in sich selbst ruht, ist dies Selbstverwirklichung (3. Sutra) (vgl. ebd., S. 20). Wenn das in sich selbst ruhen (Selbstverwirklichung) nicht vorhanden ist, „nimmt der Seher die Form der mentalen Muster an: Es scheint als wäre er identisch mit ihnen“ (Skuban 2011, S. 20). Diese Identifikation mit in uns aufziehenden und vergehenden Gedanken und Gefühlen sind, nach Patanjali, die Hauptursache für Ängste, Sorgen, Ärger und Zorn, kurz für alles empfundene Leid (vgl. ebd., S. 20 f.). Um diese Anhaftung, fälschliche Identifikation (denn nach Patanjali sind wir mehr als unsere Gedanken und Gefühle) sowie Abhängigkeiten von äußeren Umständen zu vermeiden oder zu verändern, bietet Yoga den Weg zur Loslösung (vairagya) in Form von Praxis/ Übungsmethoden (abhyasa) des achtgliedrigen Yogapfades an (vgl. Kapitel 3.1, vgl. ebd., S. 30 ff., vgl. Schwalbach 2016, S. 18). Der Weg zu innerer Ruhe und innerer Freiheit im Yoga bedeutet „nicht anhaften an den Dingen, die wir mögen oder nicht mögen“ (Skuban 2011, S. 31) und „ist ein Ausbrechen aus der Gefangenschaft äußerer Umstände“ (Skuban 2011, S. 31). Es geht beim Losgelöstsein (vairagya) auch darum, sich (mental) frei von äußeren Umständen zu machen, was in der heutigen Zeit beispielsweise auch die Umstände betrifft, welche stressauslösend in der modernen, sich stetig verändernden Leistungsgesellschaft sein können (vgl. Schwalbach 2016, S. 18 ff.). Der Yogaphilosophie zufolge soll also theoretisch durch die Yogapraxis ein Losgelöstsein (von eigenen Gedanken, Gefühlen und äußeren Umständen) erzeugt und damit Leid (zum Beispiel Ängste) verhindert und innere Ruhe sowie inneres Gleichgewicht ermöglicht werden. Genau dieser Zustand von innerer Ruhe und innerem Gleichgewicht gilt als hilfreiche Voraussetzung, um nachhaltige Lernerfahrungen machen zu können (vgl. Kapitel 2.4).


Praktisch ist diese ausgleichende Wirkung des Yoga mittlerweile in vielen unterschiedlichen wissenschaftlichen Studien untersucht und die beruhigende und entspannende Wirkung des Yoga auf Geist und Körper (was zu weniger Stress und Angst führt) mehrfach nachgewiesen worden (vgl. Broad 2013, S.125 ff.). Das Stressniveau von Menschen kann unter anderem durch die Abnutzung von deren Telomeren gemessen werden und die wissenschaftlichen Forschungen der letzten Jahrzehnte (vor allem von Elizabeth Blackburn, welche den Nobelpreis für ihre Forschungsergebnisse über Telomerase erhielt) haben erstaunliche Erkenntnisse in Zusammenhang mit der Wirkung des Yoga auf Stress und die Abnutzung der Telomere gewinnen können (vgl. ebd., S. 80 ff., vgl. Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 113 ff.).
Telomere sind DNA- Segmente am Chromosomen-Ende und werden bei jeder Zellteilung kürzer (vgl. Broad 2013, S. 80 ff.). Deshalb kann das Telomerase- Niveau auch als biologische Uhr fungieren (vgl. ebd.). Jedoch hat die Wissenschaft herausgefunden, dass sich die Telomere bei einigen Menschen langsamer verkürzen als bei anderen und diese Menschen somit, biologisch betrachtet, länger jung bleiben (vgl. ebd.). Das liegt daran, dass die Telomere in Folge von der Lebensweise und der körperlichen Gesundheit entweder schneller erodieren oder länger geschützt werden (vgl. ebd.). Ein Hauptfaktor für deren Erosion, neben der Ernährungsweise und Infektionen, ist chronischer seelischer Stress (vgl. ebd.). Durch Stressabbau kann die Abnutzung der Telomere verlangsamt werden. Dies ist insofern von nicht zu unterschätzender Bedeutung, als eine Verkürzung der Telomerlänge dazu führt, dass die alternden Zellen die Zellteilung einstellen (vgl. ebd.). Wenn also die Verkürzung der Telomerlänge durch Stressabbau verlangsamt wird, sind Zellen vor Alterung und Krankheit besser geschützt (vgl. Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 113 ff.) Somit kann Stressabbau die biologische Uhr verlangsamen (vgl. Broad 2013, S. 82 ff.). Die Psychologin Elissa Epel hat gemeinsam mit der Molekularbiologin Elizabeth Blackburn herausgefunden, dass nicht nur Stress, sondern ebenfalls allgemein gedankliche Muster Einfluss auf die Abnutzung der Telomere haben (vgl. Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 113 ff.). „Epel und Blackburn ziehen daraus den Schluss, dass unsere Zellen, „unseren Gedanken zuhören“ (Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 114). Dean Ornish, der in Harvard zum Arzt ausgebildet wurde, leitete gemeinsam mit Elizabeth Blackburn an der University of California in San Francisco eine Studie, welche die Wirkungen von Yoga auf das Telomerase- Niveau und weitere körperliche und psychologische Effekte untersuchte (vgl. Broad 2013, S. 82). In der Ornish-Studie wurden die Werte von 24 Männern (im Alter zwischen 50 und 80 Jahren) vor und nach der dreimonatigen Durchführung von jeweils einstündigem Yogaunterricht an sechs Tagen pro Woche gemessen (vgl. ebd.). Die Ende 2008 veröffentlichten Ergebnisse zeigten deutlich gesunkene Cholesterin- und Blutdruckwerte und ein um 30 Prozent gesunkenes Telomerase- Niveau (vgl. ebd.). Ebenso wurden gesunkene Werte bei Indikatoren von emotionalem Stress (beunruhigende Gedanken) festgestellt (vgl. ebd.).Yoga kann demnach durch seine beruhigende Wirkung das Stressniveau und auch das Telomerase- Niveau verringern und so die biologische Uhr der Menschen verlangsamen und Langlebigkeit fördern (vgl. ebd., S. 80 ff.). Der Zustand der Homöostase, des inneren Gleichgewichts, welcher für nachhaltiges Lernen notwendig ist, wird durch das autonome Nervensystem reguliert (vgl. Kapitel 2.4). Das autonome Nervensystem setzt sich aus dem sympathischen Nervensystem (Sympathikus) und dem parasympathischen Nervensystem (Parasympathikus) zusammen (vgl. ebd., S. 142 ff.). Der Sympathikus ist für die Aktivierung des Körpers zuständig, durch ihn wird die Kampf- oder Flucht Reaktion (fight or flight) des Körpers aktiviert, was vor allem in früheren Zeiten und bei akuter (Lebens-)Gefahr lebenserhaltend wirkte (vgl. ebd.). Heute sind unsere Feinde in der Regel keine Säbelzahntiger mehr, jedoch aktivieren Stress und Angst (beispielsweise bei Leistungsdruck oder Angst vor Jobverlust) das sympathische Nervensystem des Körpers ebenfalls (vgl. Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 113 ff.). Durch diesen Modus werden Verdauungsvorgänge gehemmt, Hormone (wie etwa Adrenalin) ausgeschüttet und die Körperfunktionen erhöht, die ein schnelles Handeln (Kämpfen oder Fliehen) ermöglichen, indem sie beispielsweise Blut zu den Muskeln transportieren (vgl. Broad, 2013, S. 142 f.). Der Sympathikus ist damit quasi „das Gaspedal des Körpers“ (Broad 2013, S. 142). Als Gegenspieler dazu ist der Parasympathikus eher die Bremse des Körpers, er ist verantwortlich dafür, die Nerven zu beruhigen und für Entspannung zu sorgen (vgl. ebd.). Er fährt den Adrenalinfluss wieder herunter, fördert die Nahrungsaufnahme und Verdauungsfunktionen sowie die Ruhefunktionen des Körpers (vgl. ebd.). Wenn beide Teile des autonomen Nervensystems „zusammenarbeiten, steuern sie den allgemeinen Energiefluss des Körpers, der eine [Sympathikus] sorgt für Verbrauch, der andere [Parasympathikus] für die Bewahrung“ (Broad 2013, S. 142). Dies führt zu einem Zustand des inneren Gleichgewichts, in welchem Lernen möglich ist (vgl. Kapitel 2.4). Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems „ist von der Natur als seltener, kurzfristiger Zustand geplant. Doch bei vielen Menschen in der modernen Welt hält diese Reaktion permanent an.“ (Abrams/ Lama/ Tutu 2019, S. 113). Auf Grund des stressauslösenden Leistungsdrucks und „kollektiven Beschäftigungswahn[s]“ (Trökes/ Knothe 2014, S. 229) der modernen Leistungsgesellschaft (vgl. Kapitel 2.5.1), ist der Sympathikus somit häufig übererregt und das autonome Nervensystem des Menschen dadurch nicht im Gleichgewicht (vgl. Kapitel 2.4). Hinzu kommt, dass das sympathische Nervensystem leicht erregbar ist und der „Körper, wenn er sich selbst überlassen wird, immer das Gaspedal bevorzugt“ (Broad 2013, S. 143). Das autonome Nervensystem kann jedoch nicht nur von Umweltbedingungen beeinflusst werden, sondern auch durch bewusste Aktionen, wie beispielsweise bestimmte Muskelarbeit (Muskeltonus) und Atmung (Atmungsrate) gezielt angesteuert werden (vgl. ebd., S. 146). Durch Yoga können beide Seiten des autonomen Nervensystems (Sympathikus und Parasympathikus) bewusst (an)gesteuert und reguliert werden (vgl. ebd., S. 143 ff.). Je nach Yoga- Stil, Körperstellungen in der Praxis (asana) und ausgewählten Atemübungen (pranayama) können sowohl das sympathische, als auch das parasympathische Nervensystem angesprochen werden (vgl. ebd., S. 147 ff.). Dadurch kann die Yogapraxis entweder aktivierend oder beruhigend wirken (vgl. ebd.). Fließende, dynamische Yogastile mit starker Muskelbeanspruchung (wie beispielsweise Ashtanga Yoga), sowie eine beschleunigte Atmung wirken stimulierend auf das sympathische System, während Yogastile mit Betonung auf statische Stellungen (wie beispielsweise das Yoga Iyengars) als auch eine Verlangsamung der Atmung, das parasympathische System aktivieren (vgl. ebd., S. 147 f.). Die asana des Schulterstandes wirkt beispielsweise auf den Parasympathikus, denn, ausgelöst durch die Körperstellung (Kinn auf den oberen Brustbereich drückend, welches sich auf die Halsschlagadern auswirkt), übernimmt sie die Rolle eines Blutdrucksenkers, eine der wichtigsten Funktionen des autonomen Nervensystems (vgl. ebd., S. 144 ff.). Broad hält in Bezug auf den renommierten Yogalehrer Robin fest, dass zu jeder Yogapraxis die bewusste Ansteuerung des Sympathikus (Gaspedal des Körpers) als auch des Parasympathikus (Bremse des Körpers) dazugehören, um das autonome System zu trainieren (vgl. ebd., S. 149). Den positiven Effekt der Einflussnahme des Yoga auf bewusste Steuerung von Sympathikus und Parasympathikus beschreibt Broad nach Robin wie folgt: „Durch die dadurch gewonnene energetische Flexibilität überwinde man die üblichen Bedingungen des Stoffwechsellebens und entwickle neue Fähigkeiten, um Zustände innerer Ausgewogenheit und Harmonie zu erreichen“ (Broad 2013, S. 149). Und genau dieser, durch Yoga erreichte Zustand innerer Ausgewogenheit und Harmonie (Homöostase), ist es, welcher nachhaltiges Lernen ermöglicht (vgl. Kapitel 2.4). Abgesehen von der Aktivierung des parasympathischen Nervensystems ist in der Wissenschaft ein biochemischer Faktor bekannt, welcher direkt das „zur Ruhe kommen“ der Gedanken fördert (vgl. ebd., S. 293 f.). Der Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (kurz GABA) hat eine beruhigende Wirkung auf Körper und Geist (vgl. ebd.). Durch die Ausschüttung von GABA werden die Gedanken direkt beruhigt, da dadurch die neuronale Aktivität im Gehirn verlangsamt wird, indem die Neuronen in einen weniger erregbaren Zustand versetzt werden (vgl. ebd.). Durch das Depressivum Alkohol wird das Denken verlangsamt, indem Äthylalkohol mit Neuronen bindet und damit eine chemische Umgebung schafft, welche die entspannende Wirkung von GABA verstärkt (vgl. ebd.). Neben Alkohol wurde eine weitere Möglichkeit gefunden, welche auf direktem Wege den GABA Wert erhöht und dabei nicht die unangenehmen Nebenwirkungen des Alkoholkonsums aufweist (vgl. ebd.). Auch das Praktizieren von Yoga führt nachweislich dazu, dass der GABA Spiegel ansteigt (sich bis zu verdoppeln kann) und damit direkt eine beruhigende Wirkung und die Verlangsamung der Gedanken auslöst (vgl. ebd.). Das Ergebnis einer regelmäßigen Yogapraxis beschreibt Broad infolgedessen wie folgt: „ein Gefühl des körperlichen und mentalen Ruhigwerdens, der zunehmenden Entspannung und abnehmenden Angst“ (Broad 2013, S. 294).

Literatur:

Abrams, Douglas/ Desmond, Tutu/ Lama, Dalai (2019): Das Buch der Freude. 2. Auflage.
München

Broad, William J. (2013): The Science of Yoga. Was es verspricht- und was es kann.
Freiburg im Breisgau

Schwalbach, Michael (2016): Yoga und Meditation für Führungskräfte. Einführung in
die uralte Weisheitslehre Yoga für eine bessere Führungsqualität. Wiesbaden.

Skuban, Ralph (2011): Patanjalis Yogasutra. Der Königsweg zu einem weisen Leben. 4.
Auflage. München

Trökes, Anna/ Knothe, Bettina (2014): Neuro- Yoga. Wie die alte Weisheitspraxis auf
unser Gehirn wirkt. München


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